Entwicklung des Baugenehmigungsvolumen in Deutschland - aktueller Stand und Prognose - 24Q3_FinReal21st
Starker Rückgang der Baugenehmigungen, besonders im Segment Wohnen, eröffnet gute Chancen für Projektentwickler!

Inhalt
Erläuterung der Analyse
Dieser Beitrag beleuchtet die Entwicklung des Angebots von Neubau- und Bestandentwicklungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden auf dem deutschen Immobilienmarkt. Dabei werden die Daten zu Baugenehmigungen des statistischen Bundesamtes für jede Nutzungsart ausgewertet und übersichtlich dargestellt. Ebenfalls werden die erhobenen Daten im Hinblick auf Handlungsempfehlungen für Entscheidungsgremien der Vorhabenträger interpretiert.
Um aus einer holistischen Betrachtung des Immobilienmarktes sowie der den Immobilienmarkt beeinflussenden Umfeldeinflüsse Handlungsempfehlungen abzuleiten, ist eine Betrachtung des zukünftigen Angebots zwar wichtig jedoch nicht allein ausreichend. Besonders die Nachfrage ist bei einer ganzheitlichen Betrachtung noch zwingend zu beleuchten, um Chancen und Risken für Projektentwicklungen einzuschätzen. Der gegenständliche Bericht wird lediglich die Angebotsseite betrachten. Eine Darstellung und Untersuchung der Nachfrageseite erfolgt in einem gesonderten Beitrag.
Um aus aktuellen Daten eine möglichst genaue Prognose über die zukünftig im deutschen Immobilienmarkt zur Verfügung gestellten Flächen abzuleiten, eignet sich besonders die Betrachtung der Entwicklung des Nutzflächenvolumens der aktuellen von den Bauämtern freigegebenen Baugenehmigungen. Je nach Nutzungsart ist nach Baugenehmigung mit einer Bauzeit von 1,5 bis 3 Jahren zurechnen, bis die Flächen dann auf dem Immobilienmarkt zur Verfügung stehen.
Entwicklungsvolumen von Wohn- und Nichtwohngebäuden
Betrachtet man das Volumen der Baugenehmigungen der Neubau- und Bestandentwicklungen von Wohn- und Nichtwohngebäuden erkennt man einen deutlichen Rückgang im Jahr 2023 von rd. 25% gegenüber dem Vorjahr. Bereits im Jahr 2022 war ein Rückgang von 7% zu verzeichnen, während das Genehmigungsvolumen, gemessen in m² Nutzfläche sich seit 2010 mit den kleinen Ausnahmen in 2014 und 2017 bis 2021 stetig erhöht hat, ist der aktuelle Rückgang sogar stärker als der Rückgang in Folge der Subprimekrise in Höhe von 11% in 2009.
Auch die Daten des ersten Halbjahres 2024 zeichnen einen Rückgang in 2024 ab, da bereits im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023 im ersten Halbjahr 2024 rd. 10% weniger Nutzflächen genehmigt wurde. Von diesem Rückgang sind Neubauentwicklungen und Bestandsentwicklungen nahezu im gleichen Maße betroffen.
Aus dieser Nutzungsübergreifenden Betrachtung lässt sich bereits ableiten, dass die Auftragsbücher der Bauunternehmen aktuell nicht besonders stark gefüllt sind und auch zum Ende des Jahres 2024 mit einem deutlichen Rückgang des Neuauftragsvolumens bei den Baufirmen zu rechnen ist. Dies bedeutet, dass nun zunehmend wieder Verhandlungen über Preise und vor allem die Verbindlichkeit der Leistungserbringung wieder zunehmen dürften. Ebenfalls ist jedoch auch zu erwarten, dass nicht alle Baufirmen einen solchen Auftragsrückgang verkraften werden.
Für die Betrachtung der Chancen und Risiken für Neubauprojektentwicklungen ist die folgende Betrachtung der jeweiligen Nutzungsarten unerlässlich.
Mehrfamilienhäusern (Miete)
Seit der Subprimekrise in 2008/2009 verzeichnet der Markt von Mietshäusern, mit geringfügigen Ausnahmen ein stetiges Entwicklungswachstum. Besonders in der Folgejahren der Subprimekrise 2010 bis 2013 ist eine Kompensation der Krisenjahre aus dem Chart der Baugenehmigungen zu entnehmen. Im 2023 ist eine deutliche Schrumpfung des Neuentwicklungsvolumens von rd. 27% gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.
Auch das erste Halbjahr 2025 weist nochmals rd. 22% weniger Baugenehmigungen als im ersten Halbjahr 2023 auf. Damit ist mit einem deutlichen Rückgang der neuentwickelten Mietwohnfläche in den Jahren 2026 bis 2028 zu erwahrten. Infolgedessen sollte bei gleichbleibender oder sogar steigender Wohnmietflächennachfrage, besonders in guten Lagen in größeren Städten, eine deutliche Mietpreissteigerung von Neubauwohnungen zu erwarten sein. Daher bietet sich zumindest aus der Betrachtung des Angebots heraus, hier eine besondere Chance für Projektentwickler zeitnah Wohnmietflächen in guten Lagen zu entwickeln, damit diese in den Jahren 2026 bis 2028 auf einen gesunden, absorptionsfähigen Markt treffen.
Mehrfamilienhäusern (Eigentum)
Der Neubau von Eigentumswohnungen in Mehrfamilienhäusern zeichnet unter Betrachtung der per Baugenehmigung frei gegebenen Nutzflächen ähnliche Wachstumsraten wie bei den Mietwohnungen. Das niedrigere Baugenehmigungsvolumen in den Jahren 2007 bis 2009 würde mit dem deutlich höheren Genehmigungsvolumen in den folge Jahren mehr als kompensiert. Im Jahr 2023 ist eine deutliche Schrumpfung des Neuentwicklungsvolumens von rd. 25% gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.
Das erste Halbjahr 2024 zeigt sogar noch einen deutlich Höheren Rückgang des Baugenehmigungsvolumens von rd. 35% gegenüber den bereits stark rückläufigen Jahr 2023.
Daher bietet sich auch für die Neuentwicklung von Mehrfamilienhäusern mit Eigentumswohnungen, unter Annahme eine mindestens gleichbleibend hohen Nachfrage, besonders in guten Lagen, größerer Städte eine Chance jetzt Projektentwicklungen zu starten, welche dann in 2026 bis 2028 auf einen gesunden Markt treffen.
Büro- und Verwaltungsgebäuden
Das freigegebene Baugenehmigungsvolumen von Büro- und Verwaltungsgebäuden war besonders in den Jahren 2002 bis 2006 fast durchgehend rückläufig verzeichnete. In der Zeit vor der Subprimekrise 2007 und 2008 zeigte sich jedoch ein erhöhtes Wachstum des Baugenehmigungsvolumens. In den Jahren 2009 und 2010 ist das Baugenehmigungsvolumen dann deutlich zurückgegangen. In den weiteren Folgejahren der Subprimekrise von 2011 bis 2014 war dann wieder ein erhöhtes Wachstum und bis 2021 mit Ausnahme der Jahre 2017 und 2020 ein leichtes Wachstum des Baugenehmigungsvolumens zu verzeichnen. In den Jahren 2022 und 2023 war das Baugenehmigungsvolumen für Büro- und Verwaltungsgebäuden jährlich um 18-20% rückläufig. Was sicherlich auch in der erhöhten Akzeptanz von Homeoffice der Arbeitgeber begründet liegt.
Im ersten Halbjahr 2024 ist insgesamt ein positives Wachstum von 5% gegenüber Baugenehmigungsvolumens vom ersten Halbjahr 2023 zu verzeichnen. Während die Monate Januar, April und Mai ein niedrigeres Baugenehmigungsvolumens verzeichnen, ist das Baugenehmigungsvolumen im März doppelt so hoch wie im gleichen Monat im Jahr 2023. Die Monate Juli und August 2024 verzeichnen wiederum einen Rückgang des Baugenehmigungsvolumens.
Handels- und Lagergebäuden
Nach dem das Baugenehmigungsvolumen für Handels und Lagerimmobilien in den Jahren von 2001 bis 2004 gesunken ist, ist dieses dann in den Jahren bis 2008 auf das Niveau von 2001 gestiegen. Erst in Folge der Subprimekrise ist das Baugenehmigungsvolumen im Jahr 2009 wieder gesunken. Nach einem leichten Anstieg in 1010 uns 2011 und leichter Reduzierung des Volumens in den Folgejahren, ist das Baugenehmigungsvolumen in 2015 dann um 71% zurückgegangen und ist mit Auf und Abs seitdem auf dem Niveau verharrt. Es ist jedoch besonders darauf hinzuweisen, dass das Baugenehmigungsvolumen für Handelsimmobilien seit 2016 bis heute aufgrund des Ausbaus des E-Commerce-Sektor weiter gesunken ist, während das Baugenehmigungsvolumen für Lager- und Logistikgebäude eher steigende Tendenzen aufweist. Erst in 2023 ist auch hier ein Rückgang zu verzeichnen.
Im ersten Halbjahr 2024 ist das Baugenehmigungsvolumen für Lager- und Logistik um rd. 20% gegenüber dem ersten Halbjahr 2023 gestiegen. Lediglich in den Monaten Juni und Juli ist das Volumen deutlich zurückgegangen, konnte im August jedoch wieder ein Wachstum verzeichnen.
Das Baugenehmigungsvolumen für Handel ist im ersten Halbjahr 2024 weiter um rd. 10% gegenüber dem ersten Halbjahr 2023 gefallen. Lediglich in den Monaten Januar und März ist das Volumen gestiegen, insgesamt ist jedoch auch bis Ende 2024 ein weiterer Rückgang anzunehmen.
An welchen Stellen besonders für Handelsimmobilien, trotz des deutliche geringeren Wachstumsniveaus, noch Potenziale bestehen, lässt sich nur unter Betrachtung des Nachfragesituation in den lokalen Märkten abschätzen. Für Lager und Logistik sollte zumindest mittelfristig aufgrund der Weiterentwicklung des E-Commerce-Sektors noch erhebliches Potenzial bestehen. Für den Handel sieht es auch in Zukunft eher nicht nach Wachstum aus, da besonders die Nachfrage im Einzelhandel sich immer mehr zu den großen Onlineplattformen verschiebt.
Hotels und Gaststätten
Das Baugenehmigungsvolumen von Hotels und Gaststätten ist in den Jahren von 2001 bis 2014 alternierend zwei Jahre gestiegen und dann wieder zwei Jahre zurückgegangen. In 2007 ist jedoch das Baugenehmigungsvolumen deutlich gestiegen. Dieses Wachstum lag neben dem steigenden Tourismuszahlen besonders in der Entwicklung neuer Hotelkonzepte (Budgethotel, Designhotel), welche sich große Marken zu nutze gemacht haben um ihre Expansion voranzutreiben. Die beiden Folge Jahre 2009 und 2010 waren in Folge der Subprimekrise rückläufig. In den Jahren nach 2015 stieg das Baugenehmigungsvolumen dann bis 2019 zwischen 8% und 18% pro Jahr an. Erst mit der Corona-Pandemie und den politischen Einschränkungen war eine Kehrtwende im Hotelsektor zu verzeichnen, welche bis heute anzuhalten scheint.
Im ersten Halbjahr 2024 schien sich der Markt erstmals zu erholen und das Neubauvolumen wieder anzusteigen (im Juli sogar um 100 % ggü. dem Juni 2023). Die Monate Juli und August 2024 haben jedoch wieder Rückläufiges Wachstumszahlen geliefert.
Quellen
[1] Statistisches Bundesamt (Destatis) – Baugenehmigungen im Hochbau: Deutschland, Jahre,
Bautätigkeiten, Gebäudeart Stand vom 22.10.2024 (https://www-genesis.destatis.de/genesis/online)